Montag, 12. Januar 2015

Weihnachtsrückblick (Monatsbericht)

Auch wenn die Weihnachtszeit schon etwas zurückliegt, war sie ein erwähnesnwerter Abschnitt meines Freiwilligendienstes und darf auf diesem Blog einfach nicht fehlen. Da ich jeden Monat einen Bericht an meine Organisation senden muss, bekommt ihr nun einfach mal einen davon. Viel Spaß.



Hinter mir liegt Weihnachten. Indisches Weihnachten. Keine Strohsterne, keine roten Kerzen, keine Rolf Zukowski Weihnachtslieder, kein Weihnachtsmarkt und kein Schnee. Hach, das klingt rückblickend wirklich dramatisch. War es aber nicht. Statt Strohsternen gab es im Überfluss knalliges Lametta, statt roten Kerzen eben neongelbe, statt Rolfs ruhiger Stimme quirlige, laute Frauengesänge, statt Weihnachtsmarkt unzählige Weihnachtsfeiern und statt Schnee.. na den gibt’s ja in Deutschland auch nur selten pünktlich zu Weihnachten. Also, alles gar nicht so übel.

Um ein kleines bisschen deutschen Weihnachtscharme in Indien zu versprühen hatten Victoria und ich uns die Zeit genommen große Adventskalender für die beiden Häuser der Mädchen herzustellen. Die Freude war groß und jeden Tag waren alle ganz gespannt, welches Bild sich wohl hinter dem nächsten Türchen versteckt. Die Neugierde war sogar so groß, das ziemlich schnell alle Türchenecken ausgefranst und auf unerklärliche Weise einige Bilder schon vor ihrem eigentlich Tag zu sehen waren...

Bald darauf schmückten nicht nur unsere bunten Kalender, sondern auch Sterne, Engel und Weihnachtsbäume, die wir gemeinsam mit den Mädchen bastelten, die Wände und Decken. Auch im Kindergarten Anbumalar ließ ich mir eine Bastelei nach der anderen einfallen und blühte zwischen Pappe, Glitzer, Kleber und Schere richtig auf. Highlights waren ein Christmastree aus Handabdrücken mit viel Glitzer, vorallem da dieses Jahr das Geld nicht für einen richtigen gereicht hatte, und eine selbstgemachte Krippe. Außerdem durfte ich mich einer Mädchentanzgruppe anschließen, die einen Tanz für die zwei Wochen später stattfindene Weihnachtsfeier probte. Natürlich waren die Musik und die Bewegungen 100% indisch, und ich musste mich sehr bemühen mit ihren Hüftschwüngen mitzuhalten. Letztendlich hatte ich geschminkt, frisiert und im Sari sehr viel Spaß, auch wenn meine Performance sicherlich nicht perfekt war.

Unsere Proben für den „german-dance“ lohnten sich ebenfalls, denn er sorgte bei der großen Compound Weihnachtsfeier für viel Begeisterung, obwohl ich vorher zugegebenermaßen ein kleines bisschen aufgeregt war. Nach dieser großen Feier folgten noch sieben weitere und wir kamen gar nicht mehr aus dem „feiern“ heraus. Mit unseren Liedbeiträgen „Oh du fröhliche“ (auf drei Weihnachtsfeiern), „Go tell it on the mountain“ (in der Kirche mit der Englishclass), „Stille Nacht, heilige Nacht“ (auf der Blockflöte, während eines Krippenspiels) und dem tamilischen Lied „Anbu kuruven“ (ebenfalls in der Kirche vorgetragen) konnten wir unseren Teil zur Weihnachtsstimmung beitragen. Die Weihnachtsfeiern waren außerdem eine tolle Möglichkeit traditionelle indische Tänze und Kleidung zu sehen, tamilischen Liedern von Einzelnen oder Chören zu lauschen und natürlich uns die Bäuche mit leckerem Chicken- Biryani vollzuschlagen.

Wo wir gerade dabei sind. Im letzten Monat kam ich endlich dazu mein fest vorgenommenes Rezeptbuch zu beginnen und ein Biryanirezept steht gleich an erster Stelle. Ich hoffe, dass sich meine Sammlung bis März noch um einige Rezepte erweitert, um zurück in Deutschland meine Familie und Freund von dem tollen indischen Essen überzeugen zu können. Um jetzt auch alle neuen Fertigkeiten zu nennen: ich habe endlich verstanden wie man den wunderschönen Blumenschmuck aus Jasminblüten für die Haare herstellt. Gar nicht so einfach...

Nach der letzten Weihnachtsfeier, bei der alle Mitarbeiter ihr Weihnachtsgeld und neue Kleidung erhielten, verließen ca. die Hälfte von ihnen den Compound, bis sie zum Jahreswechsel die andere Hälfte ablösen würden. Auch alle Kinder der vier Kindergärten erhielten neue Kleidung, sowie Süßes und Geld. Die Heimmädchen müssen leider noch bis zum Januar auf ihre neuen Tschudidas warten, erhielten jedoch auch schon das Weihnachtsgeld.

Leider war der Dezember nicht nur mit schönen Dingen erfüllt, denn Anfang des Monats erschütterte ein Todesfall die ganze Stadt. Eine Zehntklässlerin wurde auf unserer Straße von einem Transportwagen erfasst und ist an ihren Verletzungen gestorben. Dass das Gesicht der Toten in der Zeitung abgedruckt wurde schockierte mich wohl am meisten. Außerdem saß eines Tages eine Ärztin auf den Treppen des Kindergartens und viele Mütter brachten ihre Kinder, um diese impfen zu lassen. Polio (Kinderlehmung) hatte in den Tagen zuvor viele Kinderleben gekostet. Kinderleben, die durch den verfügbaren Impfstoff verschont hätten bleiben können, wenn die Gesundheit vieler Familien nicht von Geld abhängen würde. Das ist leider oftmals einfach nicht vorhanden. Außerdem verbreitete sich in den letzten Wochen die Vogelgrippe in Südindien und wir wurden dazu angehalten kein Huhn oder Ei zu essen.

Aber dann war plötzlich schon Heilig Abend und eine wunderbare Zeit begann. Mein Freund war heile aus Deutschland und in Begleitung von David in der Nacht aus Chennai angereist und wir verbrachten zu viert einen schönen Abend. Der Gottesdienst an diesem Abend schien sich hinzuziehen, bis an alle bunte Kerzen verteil wurden. Der Chor sang wunderschön, die Lichter wurden ausgemacht und die Kirche erleuchtete im warmen Licht der Kerzen. Ein Gänsehaut-Moment. 

Dieser Moment, das darauffolgende leckere Weihnachtsessen und die Anwesenheit meines Freundes verhinderten tatsächlich das bisschen Heimweh, welches in den Tagen zuvor doch noch aufgekommen war und ich war wieder einmal dankbar für die Chance Weihnachten mal so völlig anders erleben zu dürfen.

Am Tag darauf fuhren wir noch müde vom Vorabend nach Thanjavur, um gemeinsam mit Ana, Gesa und Marnie in den Urlaub zu starten. Schon in der ersten Hälfte unserer Urlaubszeit erlebten und sahen wir unglaublich viele, aufregende Dinge. Tanzend am Strand von Goa, hätte das Jahr 2014 nicht besser abschließen können.



Eyla Hasse





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